WIEN 2023

AllesWirdGut Architektur – Gösserhalle 35 ARCHITEKTUR schen Hallen, die das Zentrum des Neuen Landguts bildeten. Nach jahrzehntelanger Nutzung für Industrie- und Lagerzwecke, nach dem 2. Weltkrieg unter anderem von der steirischen Brauerei Gösser (daher der Name), etablierte sich die Halle 2017 als Zentrum für Kunst und Kultur. Auch Aufführungen im Rahmen der Wiener Festwochen fanden hier statt. Zeiten und Nutzungen, die unwiederbringlich Geschichte sind. Die zweite Halle auf dem Areal ist noch älter. Es handelt sich um eine um 1850 erbaute, eingeschoßige Inventarhalle. Ihr Schicksal ist ungewiss. Doch wie sieht die Zukunft dessen aus, was einst die Gösserhalle war? Hier kommen Bauherr Klaus Stanek und das Architekturbüro AllesWirdGut (mit Standorten in Wien und München) ins Spiel. Ersterer erwarb das alte Backsteingebäude mit seiner Fassade aus Klinkern und nutzte sie kurze Zeit als Eventlocation. Ein von ihm ausgeschriebener Architekturwettbewerb zur Nachnutzung sah im Dezember 2020 den nun zur Umsetzung gelangten Entwurf von AllesWirdGut als Sieger. Das Hallendach wurde schließlich noch 2021 ein Opfer der Abrissbirne, zeitgleich starteten die Tiefbauarbeiten, im Vorjahr begannen die Bauarbeiten für die Errichtung der Erd- und Obergeschoße. Was die – doch einigermaßen zahlreichen – Kritiker der Entwicklung mit einem (oder auch zwei) weinenden Augen betrachten, sorgt bei den verantwortlichen Architekten für (ein oder auch zwei) lachende Augen. Sie sprechen angesichts ihrer Pläne von einem „Geschenk“. Und das liest sich so: „Vom Brauen und Bauen, vom Gestern ins Morgen – die Geschichte der sogenannten Gösserhalle im Wiener Gemeindebezirk Favoriten ist eine vielschichtige. Der Industriebau, der vor 1900 von den ÖBB als Werkstättengebäude errichtet, dann Mitte des letzten Jahrhunderts in ein Bierlager der Firma Gösser umfunktioniert und zuletzt besonders als Eventlocation genutzt wurde, prägt seit jeher mit seiner markanten Bogenfassade aus Klinker den Charakter des Stadtteils. Diese identitätsstiftende, backsteinerne Struktur überführt der Entwurf von AllesWirdGut nun in die Zukunft. Als achtsame Auseinandersetzung mit dem Bestand jongliert das Vorhaben zwischen stadtgestalterischen Auflagen und zukünftigen Nutzungsbedürfnissen – und wagt einen durchwegs radikalen Eingriff: Während die Außenmauern der Gösserhalle erhalten bleiben, wird das bestehende Dach abgetragen, um so optimale Voraussetzungen für einen von historischen Gemäuern gefassten, dreigeschoßigen Neubau mit Büroräumen und Café zu bieten. Die Diskrepanz zwischen der alten Trakttiefe und der neuen Außenhülle schafft einen überraschenden und luxuriösen Spannungsraum von insgesamt drei Metern, der durch die sich ergebenden Bezüge magi-

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