architektur berlin 2024

Die Energiewende ist Makulatur Vorwort Dr.-Ing. Ralf Ruhnau  Wir sehen es, wir spüren es – es wird immer offensichtlicher, dass die Energiewende nur noch in der deutschen Politik existiert. Die Realität ist davon weit entfernt. Deutschland ist in eine Rezession gerutscht, eine Deindustrialisierung findet statt, unsere Energiepreise sind eine der höchsten überhaupt und die Stimmung der deutschen Wohnungsbauer ist schlecht. Sie ist so schlecht wie noch nie seit 32 Jahren. Die Wohnungen, die heute nicht gebaut werden, sie fehlen uns dann in zwei Jahren auf dem Mietmarkt. Die Deutsche Bauindustrie sieht zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr. Sie sieht einen Wirtschaftsminister, der sich nicht um die Wirtschaft kümmere. Sie konstatiert, dass keine Aufträge mehr reinkämen, weder im Neubau noch in der Sanierung. Hausbesitzer, Wohnungsunternehmen und Investoren seien maximal verunsichert. Angesichts dieser schleppenden Bautätigkeit stemmt sich jetzt auch die Bauministerin Klara Geywitz gegen die geplante Erhöhung der Energiestandards für Neubauten. Sie fordert eine Debatte, ob wir weitere Standardverschärfungen wirklich durchführen sollten. Vor dem Hintergrund, dass der Wohnungsbau seine Talfahrt unbegrenzt fortsetzt, wenn man der Aussage des IFO-Instituts trauen darf, begrüße ich die Aussage der Bundesbauministerin, dass es jetzt nicht an der Zeit sei, im Wohnungsbau noch einmal die Standards zu verschärfen. Vorgaben zur Stärkung der Dämmung bei EH 40-Neubauten ab Anfang 2025 tritt sie damit deutlich entgegen. Sinnvoller – so Geywitz – sei es daher, eher die Lebenszykluskosten eines Gebäudes zu betrachten. Da hat sie recht! Ich will es damit bewenden lassen und bin optimistisch, dass letztlich die Ideologie der Vernunft weichen wird und mit Augenmaß das energetische Bauen angegangen wird. Unsere Bauindustrie ist eine der Schlüsselwirtschaften für unseren Wohlstand und es wird angesichts der Hysterie vergessen, dass der Anteil Deutschlands am weltweiten CO2-Ausstoß bei rund zwei Prozent (1,76% gemäß Emissionsdatenbank der Europäischen Kommission) liegt. Das bedeutet im Klartext: Selbst wenn es uns gelänge, den CO2Ausstoß quasi über Nacht auf Null zu bringen, würden wir in Deutschland das Weltklima damit gewiss nicht retten. Trotzdem bleiben wir Ingenieure weiterhin gefordert, innovative Energieerzeugung zu denken und zu entwickeln, nicht zuletzt um diese dann zu exportieren. Damit wir auch weltweit sinnvoll dazu beitragen, verantwortlich mit unseren Ressourcen umzugehen. Also: Mehr Realismus ist angesagt und hoffen wir, dass wir in Deutschland noch rechtzeitig die Kurve kriegen. Dr.-Ing. Ralf Ruhnau Präsident der Baukammer Berlin Foto: © Baukammer Berlin, Regine Jelonek 7

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