architektur zürich ostschweiz 2022

3 Editorial Zürich Ostschweiz 2022/23 ■ Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, die Geschäftslage der Schweizer Unternehmen bekam im Sommer zwar bereits einen kleinen Dämpfer, schlägt sich aber weiterhin besser, als zu Beginn des Jahres angenommen, dies ist eine gute Nachricht. Allerdings sind die Prognosen für die nächsten Monate deutlich weniger optimistisch, als noch im Frühjahr vermutet. Die Konjunktur in der Schweiz bekommt Gegenwind. Krieg in Europa, labile Lieferketten in allen Branchen und eine unsichere Energieversorgung fordern die Märkte heraus. Wie stellt sich die Baubranche darauf ein? Ihre Investitionen machen einen nicht unerheblichen Teil des Schweizer Bruttoinlandproduktes aus und sind damit ein verlässlicher Wirtschaftsfaktor. Bisher war es so, dass ein grosser Teil der Leistungen für die Baubranche aus dem Inland bezogen wurde, das heisst ortsansässige Handwerker, Bauspezialisten aus der Schweiz und regionale Baumaterialien hielten den Bausektor in Schwung. Eine gewisse Unabhängigkeit von globalen, politischen Entwicklungen ist also vorhanden, aber Rohstoffknappheit und Preisexplosion lassen sich langfristig auch nicht wegdiskutieren. Hier sind nun alle Akteure der Bauwirtschaft gefordert. Selbst wenn Lieferketten neu organisiert werden und die Energieversorgung der Baumaschinen wirtschaftlich gesichert ist, fehlen Planern und Investoren derzeit noch Antworten auf viele Fragen. Wie wollen wir in den nächsten Jahrzehnten wohnen und arbeiten? Wie sehen unsere Städte in Zukunft aus? Wie begegnet man dem Klimawandel und macht einen Aufenthalt in der City auch bei höheren Temperaturen angenehm? Welche Alternativen gibt es für Bauherren, die in Wohnraum investieren möchten, ihn sich aber nicht mehr leisten können? Lösungsansätze für Zukunftsmodelle? Die vorliegende neueste Ausgabe aus der Region Zürich/Ostschweiz gibt noch keine ausführlichen Antworten auf diese Fragen, zeigt aber einzelne Ansätze, wie die Menschen in Zukunft ihr Lebensumfeld gestalten können und wie man ressourcenschonend alte Areale wiederentdeckt und neuen Nutzungen zuführt. Dies gilt nicht nur für Wohnzwecke, sondern auch für neue Arbeitswelten. So erinnert das JED Schlieren, ein Zentrum für Wissenstransfer, an die Wurzeln des Bauens mit einem Gegenentwurf zur technischen Aufrüstung von Gebäuden. In Winterthur fand man rund 6.200 ungewöhnliche Quadratmeter für eine neue Wohnüberbauung. Sie liegt auf dem Dach eines Einkaufszentrums, was sich wiederum auf dem Areal einer ehemaligen Montage- und Motorenhalle befindet. Der rund 80 Meter hohe Wohnturm Artisa Tower bietet ab 2023 im Zürcher Leutschenbach unter anderem ein Micro-Living-Konzept. Was sich nach Jugendkultur und Spass anhört, richtet sich in Wahrheit an die Bedürfnisse einer sich ständig weiterentwickelten Gesellschaft mit veränderten Vorstellungen von Komfort, Flexibilität und Technologie im Bereich Wohnen. Wir haben auch für diese Ausgabe wieder aussergewöhnliche Projekte entdeckt. Wenn man irgendwann auf die 2020er Jahre zurückblickt, so soll es auch städtebauliche Statements aus dieser Zeit geben. Dazu wird dann auch das von Mario Botta entwickelte Bäderquartier in Baden gehören oder das «Home of Chocolate» in Kilchberg. Weiterhin haben wir einige Projekte zusammengetragen, die weder von ihrer Bausumme her ungewöhnlich hoch, noch von ihrer Architektur her äusserst spektakulär sind, für ihren Standort und ihre Nutzung jedoch einen herausragenden Wert haben. Hier wäre unter anderem die Zentrumsüberbauung Spelteriniwiese in Bazenheid mit drei neuen Gebäuden zu nennen. Sie widmet sich einer ressourcenschonenden Innenentwicklung, die vor einer Aussenentwicklung Priorität hat. Einen ungewöhnlichen Weg beschritten auch die «Neuen Stadtschulen» in St. Gallen. Als Schule oder besser als Lernort des 21. Jahrhunderts, entwickelten sie sich in den Räumen einer ehemaligen Kirche. Das Leben darf Spass machen Obwohl die allgemeine Stimmung im Moment eher gedrückt ist, darf Leben auch Spass machen. Und da Architektur einer kurzfristigen Stimmungslage kein Dach über dem Kopf gibt, sondern Räume und Orte für einen sehr langen Zeitraum prägt, haben wir uns auch in diesen Bereichen umgeschaut. So wird das Bummeln nach der Neugestaltung der Sihlcity wieder zum Erlebnis, das Blue Cinema in Chur lockt mit unbeschwerter Freizeitgestaltung und Knies Zauberhut in Rapperswil lässt als magische Event-Location Kinderträume wahr werden. Mehr wollen wir an dieser Stelle nicht verraten. Wir laden Sie ein, die Ausgabe durchzublättern oder online durchzuklicken und sich selbst ein Bild zu machen von herausragenden Leuchttürmen und liebenswerten Nischenprojekten. Mit viel Fachkompetenz haben die Projektpartner geplant, gebaut, saniert und letztendlich zum guten Gelingen beigetragen. Wir danken unseren redaktionellen Gesprächspartnern für ihre Unterstützung und den Bauspezialisten für ihre Geduld, uns komplexe Themen darzustellen. Ihre Fachkompetenz ist in der Onlineversion direkt verlinkt und im Printmedium auf den der Objektvorstellung folgenden Seiten aufgeführt. Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen. Ihr Redaktionsteam

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