architektur vorarlberg 2023

Editorial Peter Oberdorfer Q Angesichts der gewohnheitsmäßigen Schwarzmalerei, die einem heutzutage überall begegnet, möchte man am liebsten unter Protest zum Optimisten werden. Aber wenn man sich mit der aktuellen Lage der Vorarlberger Bauwirtschaft beschäftigt, ist das natürlich schwierig. Zumal viele Brancheninsider sagen, ein Szenario wie im Moment noch nie erlebt zu haben: hohe Baukosten, steigende Zinsen, hohe Grundstückspreise und sinkende Kaufkraft würgen eine bis noch vor kurzem robuste Nachfrage ziemlich rabiat ab. Wenn man die Diagramme historischer Zinskurven betrachtet, besteht wenig Hoffnung, dass die Zinsen gleich wieder gegen null wandern werden. Geldpolitische Zyklen haben einen langen Atem. Außerdem wäre es wohl kaum vernünftig, sich das billige Geld, das uns in diese Lage gebracht hat, wieder zurück zu wünschen. „Natürlich verdiene ich gerne viel Geld”, sagte mir kürzlich ein Architekt, „aber jetzt im Abschwung habe ich mehr Zeit, über meine Projekte nachzudenken, auch nicht schlecht.“ Angesichts der sich zusehends verschärfenden Klimakrise, wäre eine gründliche Nachdenk- oder Umdenk-Pause vielleicht gerade angebracht. Schon in dieser Nummer haben wir einige erstaunliche Umgestaltungsprojekte im Programm: besonders bemerkenswert ist das – soeben mit dem Österreichischen Bauherrenpreis ausgezeichnete – Projekt der Wiederbelebung der Altstadt von Hohenems. Es scheint ein vielversprechender und einleuchtender Zugang zu sein, eine Altstadt nicht mehr nur als herauszuputzende touristische Ressource zu betrachten, sondern als Lebensraum, der wieder attraktiviert, bevölkert und damit genutzt werden kann. Foto: © Birgit Koell Fotografie Neben weiteren spannenden, großen und kleinen Umbau- und Erweiterungsprojekten (Posthotel Taube von Bernardo Bader; Hotel Flint von Marte.Marte; Till Naturhotel von Investraum; Loewen Hotel Montafon von Monoplan; Schloss Wolfurt von Querschnitt Architekten, Yachtclub Rheindelta von Carmen Schrötter-Lenzi oder die neue Bürowelt Haberkorn von Nona) haben wir heuer immer noch eine ganze Menge von Wohnbauprojekten im Programm, die freilich – und das täuscht ein wenig über die aktuelle Situation hinweg – oft genug vor der Eintrübung der konjunkturellen Lage angebahnt wurden. Eine Betrachtung der Vorarlberger Wohnbau-Tätigkeit ist auch deshalb immer für einen Feel-goodMoment gut, weil hierzulande gemeinnützige und freifinanzierte Projekte auf demselben architektonischen Niveau realisiert werden. Ein paar Highlights: Hans-Berchtold Straße in Götzis von Dorner\Matt; Unterlinden in Wolfurt von Nachbaur Wörter; Andreas-Weg in Rankweil von Roland Stemmer; Zürcherstraße in Bludenz von Schnetzer Kreuzer; die Getzner-Betriebswohnungen ebenfalls in Bludenz von Mitiska Wäger, LIV‘IN‘GREEN in Feldkirch von Gerhard Fuchs oder „In der Melle” in Mellau von Hermann Kaufmann. Schöne Grüße Peter Oberdorfer Seltene Feel-good- Momente 3

RkJQdWJsaXNoZXIy MjUzMzQ=