Editorial Peter Oberdorfer Tun und Lassen Aktuell richtet sich der freifinanzierte Wohnbau vorwiegend an exklusive Käuferschichten. Es entsteht bemerkenswerte Architektur, wie etwa in Innsbruck die Projekte Sonnenstraße (Imgang Architekten), Adam & Eva (Scharfetter Rier) oder in Schwaz Innfinity (Nicole Wurzenberger) zeigen. Mit öffentlichen Mitteln finanzierte und aufsehenerregende Projekte, die wie das neue Studentenheim in der Karmelitergasse (Betina Hanel, Gerhard Manzl) prinzipiell geeignet sind, den Wohnungsmarkt zu entlasten, sind eher spärlich gesät. Wichtige Impulse gehen vom Bereich Gewerbe und Industrie aus, der entsprechend seiner gestiegenen Bedeutung auch eine gestalterische Aufwertung erfährt. Auffällig in Innsbruck sind etwa das von Michael Lukasser geplante neue Firmengebäude von Kochalpin oder die Zentrale der Tiroler Versicherung in der Gilmstraße (DIN A4). Von Rieder Bau geplant und gebaut wurde die „Home Base” des Modulbauers Recon, die in Ebbs entstand, Baupuls baute weiter am Firmensitz von Hollu in Zirl. Im Retailbereich errichtete der Brillenhersteller Rolf (nach den Plänen des Geschäftsführers und Architekten Bernhard Wolf und des Linzer Architekten Philipp Weinberger) einen Flagshipstore in Reutte. Für die ZillertalArena plante – allerdings schon auf der Salzburger Seite – Feuersinger Architektur in Hochkrimml ein Talstationsgebäude, in dem gewerbliche und infrastrukturelle Elemente kombiniert werden. In Zeiten gestiegener Baukosten wird bekanntlich das Umbauen und Erweitern im Bestand ein zunehmend wichtiger Teil der Bauwirtschaft – Beispiele im Heft: die Erweiterungen von Wohnhäusern durch Stadt:Labor – Architekten in Innsbruck oder Villa architects in Mils. Typologisch zu diesem Bereich gehört auch das Bauen im Denkmalschutz, dem freilich weniger bauwirtschaftliche als vielmehr kulturelle Bedeutung zukommt. Im Heft sind einige interessante Projekte aus diesem speziellen Segment der Architektur versammelt: wie etwa die Revitalisierung der Burg Trautson in Matrei a.B. (architektur:lokal), des Leitlhauses in Rum (U1architektur), des Kiechlhofs in Thaur (Imgang Architekten), die Umgestaltung des Zeughaushofs in Innsbruck (scharmer-wurnig- architekten) oder des Alten Rathauses in Rattenberg (Wurzer Nagel Architekten). Bemerkenswert bei diesen Projekten ist, dass sie ein neues Verständnis von Denkmalschutz offenbaren, das sowohl Tun als auch Lassen einschließt. Während man früher alte Gebäude oft ehrfürchtig historisierend ergänzte und damit nicht selten mehr kaputt machte als man bewahrte, wird heute mit Sinn für den Reiz des Fragmentarischen konserviert und – um weiterhin Nutzung zu ermöglichen – wohlüberlegt zeitgenössisch interveniert. Durch solche Bauvorhaben entsteht nicht nur epochenübergreifende Architektur, sondern es wird auch ein neuer – nicht zwingend traditionalistischer – Blick auf das Alte ermöglicht. Aber sehen Sie selbst… beste Grüße Peter Oberdorfer Foto: © Birgit Koell 3
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