architektur tirol 2024/25

Projekt befanden sich bisher mehrere kleinere Gebäude, die in schlechtem Zustand waren. Durch die Zusammenfassung dieses Konglomerats zu einem Grundstück konnte die Stadt Innsbruck die Voraussetzung dafür schaffen, dass nach der etwas nördlich gelegenen Mentlvilla (geplant von Jörg Streli) an der Südbahnstraße wieder ein bemerkenswertes Gebäude entstand. Außerdem bedeutet die Errichtung von 159 Wohneinheiten auf einer bisher ineffizient genutzten Fläche eine Nachverdichtung, die zur Entlastung des Wohnungsmarkts der Landeshauptstadt beiträgt. Das im Zuge eines Architekturwettbewerbs prämierte Projekt der Architekten Betina Hanel und Gerhard Manzl löste die komplexe Gemengelage mit einem wortwörtlich sehr geradlinigen Entwurf. Der lineare Baukörper folgt dem Verlauf des schmalen Grundstücks zwischen Südbahnstraße und Karmelitergasse, bildet nach Osten zur stark befahrenen Südbahnstraße hin eine beeindruckende Präsenz und fungiert nach Westen zur bestehenden Blockrandbebauung an der Karmelitergasse als Schallschutzwand, die die Wohngegend vom Straßenraum und dem Bahnhofsareal abschirmt. Die geringe Tiefe des Baukörpers ist auch durch die in Zukunft geplante Verbreiterung der Südbahnstraße und die Verschiebung der Stadtkante bedingt. Das Gebäude umfasst acht Geschosse und wurde in einer Hybridbauweise (Stahlbeton für die tragenden Elemente, darüber hinaus Holzbau) errichtet. Der verputzte Sockel des Gebäudes gliedert sich in ein Untergeschoss mit Tiefgarage und Keller und ein Erdgeschoss, das im nördlichen Bereich über der Tiefgarage leicht abgesenkt ist, sodass darüber noch ein Mezzanin Platz fand, während das EG im südlichen Bereich beinahe zwei Geschosshöhen umfasst und sich damit besonders für die Anlage attraktiver Allgemeinflächen eignet: Es befinden sich dort das Foyer, ein Fitnessbereich mit Kletterwand und eine Bar am südlichen Gebäudeende. Über die Gästeterrasse kragt der sechsgeschossige Wohnbereich aus. Die Wohngeschosse wurden so konzipiert, dass sich westlich zur ruhigen Wohngegend die Zimmer orientieren und östlich an der Südbahnstraße ein 2,5 Meter breiter Erschließungsgang angelegt wurde, der sich schallschützend zwischen die Zimmer und die Südbahnstraße schiebt. Er wurde bewusst breit ausgestaltet, sodass ihm die Aufenthaltsqualität eines großen, langen Gemeinschaftsraums zukommt. Dieser ist vertikal durch die Anlage von diagonalen Kaskadentreppen vernetzt, die Blickbeziehungen und Kommunikation über die Stockwerke hinweg ermöglichen. Pro Geschoss wird darüber hinaus noch ein Gemeinschaftsraum angeboten. Die Gestaltung der Fassade wurde, abgesehen vom Gebäudesockel, vorwiegend mit dem Baustoff Holz bestritten. An der Ostseite zum Straßenraum hin sind die Öffnungen spärlich und unregelmäßig gesetzt und die Fassade präsentiert sich vorwiegend als geschlossene Fläche, die allerdings durch eine vertikal strukturierte Holzlamellenfassade belebt wird. Die eng getaktete Abfolge der Holzlamellen schafft eine assoziative Nähe zum Bahnhof und seinen Schienensträngen. Nach Westen bilden die Fenster der insgesamt 159 Wohneinheiten eine regelmäßig gerasterte Lochfassade, die von einzelnen Metallelementen im Bereich der Sozialräume unterbrochen wird. Holz dominiert auch den Innenausbau der Wohneinheiten, die studentisch funktional gestaltet und dennoch hochwertig möbliert sind. Das Gästehaus wurde in Passivhaus-Bauweise errichtet, eine Passivhaus-Zertifizierung wird angestrebt. Darüber hinaus ist es Klimaaktiv Gold deklariert und nutzt erneuerbare Energien wie eine vollflächige PV-Anlage auf dem Dach. Foto: © BUCCADIEZ&RHPÄG Foto: © BUCCADIEZ&RHPÄG 11

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