3 Editorial Zürich Ostschweiz 2025/26 n Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, wir stellen Ihnen unsere Neuauflage «architektur bauen+handwerk» für die Region Zürich / Ostschweiz vor. In den letzten Monaten waren wir persönlich und virtuell hauptsächlich im Grossraum Zürich und den Kantonen St. Gallen und Graubünden unterwegs. Dort haben wir uns den Baufortschritt von einigen Grossprojekten beziehungsweise deren Fertigstellung angeschaut und auch wieder zahlreiche neue kleinere und mittlere Bauvorhaben kennengelernt. Aufgefallen sind uns dabei zwei Aspekte, die wir Ihnen bei ihrem architektonischen Rundgang durch die Ausgabe mit auf den Weg geben möchten. Vielleicht hatten Sie bereits ähnliche Gedanken?. Mehrwert und Multifunktionalität der neuen Gebäude Bei unseren Gesprächen mit Architekten und Bauherren bekamen wir immer wieder auf unsere Frage nach den Besonderheiten der jeweiligen Bauvorhaben, die Antwort eines anvisierten Mehrwertes des Projektes. Für einen Neubau in Chur schlug sich das sogar in dem Namen «Mehrwerk» nieder. Neben einem neuen Firmensitz entstanden in dem gleichen Projekt noch Wohnungen, ein öffentliches Restaurant sowie eine neue Adresse für das Stadtarchiv. Nun darf man vermuten, dass diese multifunktionale Nutzung Teil des Finanzierungskonzeptes ist, trotzdem entstand damit ein nachhaltiger Mehrwert für die gesamte Region. Neben dem städtebaulichen Gewinn auf einer Fläche, auf der ehemals das erste Gaswerk der Stadt eingerichtet war, sind es vor allem die BürgerInnen, die von neuen öffentlichen Grünflächen und Angeboten profitieren, die Kommune, die auf diesem Weg eine attraktive Adresse für Ihr Stadtarchiv erhält und die Mitarbeitenden, die sich über hochmoderne Arbeitsplätze im neuen Headquarter freuen. Um auf den Standort zurückzukommen, zeigt dies einen weiteren Trend; analog zum industriellen Strukturwandel gibt die Architektur Antworten zu neuen Flächenkonzepten. Schaut man sich die industrielle Entwicklung der Ostschweiz in den letzten Jahrhunderten an, so war es vor allem die Textilindustrie, die der Region zu Wohlstand verhalf. Aus heutiger Sicht könnte man fast sagen, dass die Ostschweiz ein «mittelalterliches Silicon Valley» der Leinwandproduktion war. Mit dem Niedergang der Webereien und einem Wandel hin zu Dienstleistung und Gesundheitswesen wurden viele Areale verlassen, die heute noch über teilweise historische Bausubstanz verfügen. Der Aufgabe, sie fit für ein neues «Silicon Valley» zu machen, stellen sich derzeit einige Bauherren und Investoren. Aus einem Tal ein Valley macht auch das Bürogebäude No. 38 am Valley Square in Kemptthal. Wo sich früher schon Kulinarik und Logistik trafen, schlägt ein Gewerbeneubau eine Brücke zur historischen Industriearchitektur des Areals. An solchen Orten trifft historischer Charme auf spannende Alternativen zum «Homeoffice». Weitere Neunutzungen von ehemaligen Gewerbearealen sind unter anderem in dieser Ausgabe die Überbauung des Schweiter-Areals Horgen Oberdorf, die Umnutzung des Giessenareals Wädenswil, der Brauipark Affoltern a.A. oder die Überbauung des Schäfer Areals Dielsdorf. Neue Branchenchampions brauchen Platz Aus der ehemaligen Textilindustrie, deren Erbe sich in der gesamten Ostschweiz noch zeigt, setzt der ökonomische Strukturwandel eigene bauliche Statements. Nischenanbieter und hochspezialisierte Branchenchampions nehmen nun auf den Flächen Platz. So gibt es in der Nachbarschaft zum weltweit bekannten Paul Scherer Institut in Villigen den Park Innovaare. Eine neue Adresse für Unternehmen, die sich vernetzen wollen, von Synergien profitieren und so selbst zum Katalysator eines wissenschaftlichen und industriellen Netzwerkes werden. Ein ungewöhnliches Projekt und auch erst das zweite seiner Art in der Schweiz wurde das befahrbare Gewerbehaus «Fahrwerk» in Winterthur. In bester Lage entstand ein mehrgeschossiger Gewerbebau, der mehrheitlich in den Obergeschossen mit Kleinlastern zu befahren ist. Quasi ressourcenschonend mit einer «gestapelten logistischen Andienung». Grosse Kreativität bei kleineren Projekten Bei unseren Besuchen machten uns auch in diesem Jahr wieder die kleinen Projekte viel Freude, die mit kreativen Lösungen, liebevollen Details und teilweise hoher Handwerkskunst auffielen. So schraubte sich ein Wohnhaus, wie eine Bergspirale in ein steiles Baugrundstück ein, ein ehemaliges Oekonomiegebäude eines historischen Patrizierhauses wird in ein Boutique Hotel umgewandelt oder ein Lehmhaus und ein Holzgebäude werden zu einem «Haus der Freunde» in Buchs. Wir laden Sie nun zu weiteren interessanten Projekten ein. Machen Sie einen Rundgang durch unsere Printausgabe oder einen virtuellen Besuch auf unserer Homepage und bilden Sie sich selbst ein Urteil über «bauen und architektur» in der Region Zürich und Ostschweiz. Wir bedanken uns bei unseren redaktionellen Gesprächspartnern, die uns geduldig die Besonderheiten der Planungen aufzeigten, den Projekt-Partnern, die auf ihrem jeweiligen Fachgebiet zu einem erfolgreichen Bauverlauf beigetragen haben und den Bauherren und Projektentwicklern für ihre Bereitschaft, auch in einer wirtschaftlich nicht ganz so stabilen Phase, weiter zu planen, zu investieren und somit der Zukunft eine Adresse anzubieten. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine gute Zeit, bis wir uns wiedersehen oder -hören. Für die nächste Ausgabe im Jahr 2026 sind wir derzeit in der Region Bern/Basel unterwegs. Ihr Reaktionsteam
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